„Ihr habt es gut“

 

Gestern gewann unsere 2. Mannschaft in der Landesliga in Brandenburg mit 15:0.

Das ist ein ungewöhnliches Ergebnis, denn normalerweise taten sich unsere Mannschaften dort immer gegen die alten Hasen sehr schwer. Diesmal also solch ein deklassierendes Ergebnis und das mit unserer „Kindertruppe“. Woran mag es gelegen haben? Wahrscheinlich liegt es an unserem großen Reservoire an jungen Spielern als Ergebnis unserer kontinuierlichen Nachwuchsarbeit und der Mix von jungen und erfahrenen Spielern, denn auch fast alle unserer 7 Herrenmannschaften belegen in allen Klassen des TTVB Spitzenplätze. Hinzu kommt, dass im Kinderbereich 80 Kinder aus 10 Nationen regelmäßig trainieren. 13 von ihnen sind derzeit in den Ranglisten des TTVB genannt. Die Besten sind Landesmeister und nehmen an überregionalen Wettbewerben teil. In der U10–Klasse belegten unsere besten Knirpse in den letzten Jahren in den Bundesfinals die Plätze 3 und 6.

 

Manchmal wurde ich von Sportfreunden aus anderen Vereinen darauf angesprochen, wie wir das machen und dann kam regelmäßig das Argument „Ihr habt es gut. Ihr lebt  in der Landeshauptstadt und da gibt es viel Zuzug, Kinder und Geld. Ihr müsstet Landesleistungsstützpunkt sein“.

 

Nee, nee, so einfach ist es nicht. Sicherlich, seit der Wende sollen statistisch ca. 90 000 Menschen nach Potsdam gezogen sein, aber im gleichen Zeitraum sind 90.000 Menschen weggezogen. Diese Migration spüren wir auch in unserem Verein. Es ist ein Kommen und Gehen. Unsere ehemaligen Kinder leben in aller Welt, in den USA, in Norwegen, in der Schweiz, in Israel, in NRW, Bayern und BW.

Sicherlich in Potsdam werden viele Kinder geboren, es kommen Studenten und in Potsdams Norden haben sich „Neue Reiche“ niedergelassen. Aber das ist nicht der Grund für unsere Entwicklung. Es ist das „Wir miteinander“, das „Yes, we can“ auf deutsch.

 

Und das geht so: Uns, Kinder, Jugendliche, Behinderte, Frauen, Männer, Senioren aus Ost und West, Süd und Nord vereint der Wunsch, „Tischtennis“ zu spielen, egal auf welchem Niveau. Wir machen das miteinander und wir helfen uns dabei, unser Können zu verbessern und Freude daran zu haben. Das Wichtigste aber ist, dass Menschen da sind, die sich engagieren, solidarisch dabei sind, anderen Sportfreuden zu helfen und den Verein zu führen. Dafür gab und gibt es überall genügend Beispiele: E. Sielmann in Prenzlau, Lutz Buntins in Brandenburg, Norbert Großmann in Neustadt, Ulli Pollähn in Ketzin, die Nierzes in Waldstadt, Daniel Albert bei den Teufeln, Gerd Kühnel in Rehbrücke, Jan Mundt in Geltow, Thomas Hertel in Treuenbrietzen, Rico Oetting in Hohen Neuendorf, Heiko Berndt in Fürstenwalde und, und, und. Bei uns waren bzw. sind es H. Nawior, E. Meier, Th Muche, D. Scholz, D. Süßenbach, Ch. Döbbel, D. Reichel und A. Nehrenheim. Wenn also Menschen da sind, die Woche für Woche die Turnhalle aufschließen, die den Kindern und Anfängern zeigen können wie man TT spielt, die mit den Menschen sprechen, das Solidaritätsprinzip pflegen, für Wohlfühlbedingungen, Anerkennungen und einen guten Ruf des Vereins sorgen , lässt es sich nicht vermeiden, dass Interessenten und besonders Kinder und Senioren die Halle stürmen, bei angemessenem Training zu guten Leistungen befähigt werden und sich selbst für die Vereinsziele  engagieren werden.

 

 

Wir werden seit der Einführung unserer Internetseite und der Veröffentlichung unseres Programms „Wir miteinander“ von einem großen Zustrom zu unserem Verein überrascht. Allein im Jahr 2008 hatten wir 80 Zugänge, darunter über 30 Kinder. In jeder Woche stehen neue Interessenten aller Altersgruppen in der Tür. Es ist beinahe unheimlich und wir fragen uns, warum? Meistens hören wir, „weil es mir bei euch gefällt, weil es bei euch nicht um Geld oder Leistung geht,  weil ihr solidarisch seid, weil ihr euch um Kinder und Senioren kümmert, weil bei euch Senioren mit Kindern spielen, weil es bei euch gemütlich ist, ihr seid der beste Verein“. Na ja, manches mag übertrieben sein, aber die große Mitgliederzahl füllt zwar die Vereinskasse, aber auch unsere Halle, in der sich in der Woche außer mittwochs täglich 30 bis 60 TT-Verrückte an 14 Tischen 18 Stunden die Bälle um die Ohren schmettern. Unsere Kapazitätsgrenzen sind bald erreicht, wenn wir nicht noch weitere Möglichkeiten erschließen, expandieren oder die Mitgliederzahl auf 200, davon 100 Kinder, beschränken. Es wäre schön, wenn auch andere Vereine in Potsdam ihre Angebote verbessern würden. Interessierte Kinder gibt es in Hülle und Fülle. Letztendlich liegt es wohl an dem Übungsleitermangel. Wir haben den  gegenwärtig behoben durch Einbindung von Senioren und durch die Zahlung angemessener Übungsleiter-Entschädigungen.

 

Die hohen Mitgliederzahlen haben  auch eine andere Seite: In unserem Verein gibt es viel Masse aber wenig Klasse. Es gibt derzeit eine große Anzahl von jungen Talenten ab 8 Jahren aufwärts. Wir entwickeln zwar innerhalb eines Jahres Talente so, dass sie als Anfänger nach einem Jahr bei Bereichs- und Landesmeisterschaften als „unbekannte“  Einsteiger mitspielen können, es aber selten zu Top 5 Platzierungen reicht  (die Langes, von Saldern, Franke, Witza, Heinemann, Meier, Grau, die Beils, KJ, Grunewald, Hassmann, Toledo, Senf, Neumann, Knepper, Reichel, Maibohm, Bretschneider, Marquardt, Hoos, Sokolskiy).  Ausnahmen sind natürlich in jüngster Zeit Janke, Becker, Soparth, Stumper, Franz, Barth, Jakubzik und Schmelzer gewesen, die es in der Zeit intensiveren Trainings zu Spitzenleistungen im Land Brandenburg gebracht haben, überregional aber  mit Sportinternatskindern aus Berlin und Niedersachsen nicht mithalten konnten. Jetzt haben wir noch deutlicher ein Qualitätsproblem, weil durch die hohe Anzahl der Kinder kaum noch individuelles intensives Training möglich ist. Das spiegelt sich auch in der Brandenburgischen Vereinswertung wider, wo wir mit unserer Breitenwirkung kaum über einen 6. Platz  hinauskommen und kleine Vereine mit wenigen Spitzenspielern besser bewertet werden. Das ist aber für uns von geringer Bedeutung.

 

Vielmehr beschäftigt uns die Frage, wie wir unsere Spitzentalente besser fördern können. Denn nach unserem bisherigen Prinzip werden in Abhängigkeit von wenig verfügbaren qualifizierten Übungsleitern, unsere Kinder so ausgebildet, dass sie Verbandsligareife, aber nicht regionales Niveau erreichen werden, weil deren sportliches Potenzial nicht ausgeschöpft wird. Das ist natürlich eine Benachteiligung gegenüber besser gestellten Kindern in anderen Bundesländern. Es spiegelt aber auch die gegenwärtige Situation auf Landesebene wider, wo die brandenburgischen Kinder nicht mehr wettbewerbsfähig gegenüber Kindern anderer Bundesländer sind.

 

Was ist zu tun? Mit der Ernennung unseres Vereins zum „Landesleistungsstützpunkt“ wäre es nicht getan. Das hatten wir schon und hatte uns außer drei Kartons Trainingsbälle nichts gebracht., weder finanzielle Unterstützung noch die Aufmerksamkeit des Landestrainers.

Wir favorisieren einen Stufenplan.

Zuerst werden wir uns bemühen, einmal in der Woche einen Intensivkurs mit einem qualifizierten Honorartrainer anzubieten. Der könnte gemischt finanziert werden  vom Verein, vom TTVB und von den Eltern.

 

Ein Vision ist es, in gemeinsamer Anstrengung von Stadt und Land  in Potsdam  einen „TT-Punkt“ (der nutzungstechnisch ähnlich funktioniert wie eine Schwimmhalle) zu schaffen, bestehend aus einer Halle mit 8 bis 10 TT-Tischen, einem Fitnessraum,  einem Aufenthaltsraum mit Imbissmöglichkeit und einem Sportshop.  Genutzt wird er vormittags für den Schulsport, nachmittags für den leistungsorientierten Kinder- und Jugendsport und abends und am Wochenende für den Jugendclub-, den Vereins- und den  Freizeitsport. Betrieben werden sollte dieses Projekt von einem Jugendclub „TT-Punkt“, in dem Übungsleiter, Shopbetreiber ggf. als Jugendsozialbetreuer beschäftigt werden. Eine Finanzierung müsste mit der Hilfe der Stadt und des Landes aus Fördertöpfen für Stadtentwicklung, Ganztagsschulen, Jugendclubarbeit und Sport diskutiert werden. Mit diesem Konzept könnte erreicht werden, dass in hohem Maße Synergie- und Optimierungseffekte entstehen, wie

- Verbesserung des Schulsports in einer Ganztagsschule

- Förderung von TT-Talenten

- Verbesserung der Jugendclubarbeit

- Verbesserung des Freizeitsportangebots

- weitere Entwicklung  der Stadt Potsdam zu einer „Stadt der Jugend und des Sports“

- Verbesserung des Sportangebotes für Studenten

- Schaffung von 2 Arbeitsplätzen.

 

Eine bessere  Leistungssport orientierte Förderung  könnte unserer Überzeugung nach jedoch nur verwirklicht werden, wenn an der Eliteschule Potsdam im Olympiastützpunkt die Sportart Tischtennis etabliert wird. Das setzt die Internats mäßige Unterbringung interessierter Talente, die schulische Ausbildung der Kinder und das leistungsorientierte Training unter Anleitung eines qualifizierten Trainers voraus. Ggf. könnte diese Leistungsgruppe dem OSC Potsdam oder dem SC Potsdam zugeordnet werden. Somit könnte nach dem Vorbild anderer Bundesländer erreicht werden, dass auch Brandenburgische Kinder an das Spitzenniveau in Deutschland herangeführt werden. Diese Idee könnte zu einer Leistungskonzeption des TTVB entwickelt werden.

Das ist aber eine komplizierte Geschichte und nicht unser Ding, denn so gut haben wir es doch noch nicht.

 

Wir werden wohl vorerst so weitermachen, so gut und so lange es mit unseren Senioren geht und sehen, ob wir es mit Hilfe unserer Stadt können…(Jwk)

 

DD